29.01.2025 • 🕑6 Min.
Wie können Unternehmen angesichts steigender bürokratischer Anforderungen, komplexer Steuersysteme und globaler Wettbewerbsbedingungen ihre Wachstumschancen nutzen? Die Antworten auf diese Fragen sind entscheidend für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Genau hier setzt das Wachstumschancengesetz an. Mit gezielten Maßnahmen unterstützt es Unternehmen dabei, steuerliche Entlastungen und administrative Erleichterungen zu nutzen, um ihre Liquidität zu sichern und Investitionen zu fördern. Ganz gleich, ob Ihr Unternehmen in Forschung und Entwicklung investiert, sich auf den digitalen Wandel vorbereitet oder von verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten profitieren möchte: Das Wachstumschancengesetz bietet zahlreiche Chancen, die Sie kennen und nutzen sollten.
Am 27. März 2024 wurde das Wachstumschancengesetz im Bundesgesetzblatt verkündet und trat größtenteils ab diesem Datum auch in Kraft. Initiiert von der damaligen Bundesregierung und nach intensiver Verhandlung mit den Ländern verabschiedet, soll das Gesetz die Rahmenbedingungen für Unternehmen in Deutschland verbessern und das wirtschaftliche Wachstum vorantreiben. Es ist somit vor allem ein strategisches Instrument zur Gestaltung der ökonomischen Zukunft.
Der Fokus liegt deshalb auf der Stärkung von Unternehmen, insbesondere durch steuerliche Entlastungen und Bürokratieabbau, sowie auf der Schaffung besserer Voraussetzungen für eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Wirtschaft. Zielgruppen des Gesetzes sind sowohl kleine und mittlere Unternehmen als auch größere Betriebe, die von den verbesserten Regelungen profitieren können.
Besonders in wirtschaftlich angespannten Zeiten will das Gesetz Unternehmen unterstützen und ihre Handlungsfähigkeit und Stabilität sichern. Ein zentrales Anliegen des Wachstumschancengesetzes ist es, die Wirtschaft durch gezielte Maßnahmen widerstandsfähiger und zukunftssicherer zu machen – vor allem im weltweiten Wettbewerb. Denn die deutsche Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen wie der fortschreitenden Globalisierung, der digitalen Transformation und dem Übergang zur Klimaneutralität.
Diese Entwicklungen erfordern einen klaren politischen Rahmen, der Innovationen fördert, Investitionen erleichtert und Unternehmen dabei unterstützt, flexibel und nachhaltig zu agieren. Gleichzeitig soll das Wachstumschancengesetz bürokratische Hürden abbauen und das Steuersystem modernisieren. Ziel ist es, wirtschaftliche Aktivitäten effizienter gestalten zu können. Dies ist besonders wichtig, um die wirtschaftliche Stabilität in schwierigen Zeiten zu gewährleisten und gleichzeitig Raum für Wachstum und unternehmerischen Mut zu schaffen.
Kurz gesagt, soll das Wachstumschancengesetz den Standort Deutschland für Unternehmen attraktiver machen und die Wirtschaft in eine zukunftsfähige Richtung lenken. Dazu umfasst das Wachstumschancengesetz zahlreiche Maßnahmen, zum Beispiel:
Steuerliche Entlastungen und Anreize
Das Gesetz verbessert die Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen. Es führt die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wohngebäude ein, um Investitionen zu fördern. Dies gilt nach aktuellem Stand nur für Investitionen, die Unternehmen bis zum 31.12.2024 getätigt haben. Zudem werden die Möglichkeiten für Sonderabschreibungen erweitert, sodass Sie bis zu 40 Prozent der Investitionskosten steuerlich absetzen können. Auch eine Anhebung der Freigrenzen und Pauschalen (beispielsweise die Freigrenze für Geschenke) von 35 Euro auf 50 Euro ist im Wachstumschancengesetz vorgesehen.
Förderung von Innovationen
Die ausgeweitete steuerliche Forschungszulage soll Unternehmen besser bei Forschung und Entwicklung unterstützen. Dazu gehört auch eine Erhöhung der förderfähigen Eigenleistungen und der Bemessungsgrenzen. Abnutzbare Wirtschaftsgüter, die Sie für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben einsetzen, erhalten zusätzliche steuerliche Vorteile.
Bürokratieabbau für KMU
Das Wachstumschancengesetz entlastet kleine und mittlere Unternehmen (KMU) unter anderem durch Steuervereinfachungen wie die Anhebung der Umsatzgrenze für die Ist-Besteuerung von 600.000 Euro auf 800.000 Euro. Zudem entfällt für Unternehmen mit geringen Steuerbeträgen die Pflicht, regelmäßig Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben. Auch die Buchführungspflichten sollen künftig erst ab einem Schwellenwert von 800.000 Euro greifen.
Verbesserung des Verlustvortrags
Für die Jahre 2024 bis 2027 steigt die Verlustvortragsgrenze von bisher 60 Prozent auf 70 Prozent des Einkommens. Diese Maßnahme soll insbesondere Unternehmen mit schwankenden Einkünften entlasten.
Anreize für Wohnungsbau und Klimaschutz
Durch die Einführung von Sonderabschreibungen und die Verbesserung bestehender Regelungen soll der Wohnungsbau attraktiver werden. Gleichzeitig fördert das Wachstumschancengesetz Investitionen in nachhaltige und klimafreundliche Technologien.
Anpassungen im Steuersystem
Das Wachstumschancengesetz erleichtert die Körperschaftsbesteuerung für Personengesellschaften und erweitert die Optionen in diesem Bereich. Außerdem gibt es neue Regelungen für gemeinnützige Organisationen und ausländische Unternehmen im Bereich der Kapitalertragsteuer.
Erleichterungen für Berufstätige
Das Gesetz hebt verschiedene Pauschbeträge an, beispielsweise den Pauschbetrag für Berufskraftfahrer. Dies erleichtert die steuerliche Abwicklung und bietet zusätzliche Entlastungen für Berufstätige.
Viele Änderungen, wie die neuen Regelungen zur Abschreibung oder die erweiterten Verlustvorträge, kommen erst nach Beantragung im Rahmen der Steuererklärung zur Anwendung. Bei speziellen Vorteilen, wie der Forschungszulage oder der Körperschaftsbesteuerungsoption für Personengesellschaften, ist ebenfalls ein Antrag oder die aktive Entscheidung durch das Unternehmen erforderlich. Prüfen Sie frühzeitig die notwendigen Voraussetzungen und arbeiten Sie eng mit Ihrem Steuerberater zusammen, um alle relevanten Vorteile optimal auszuschöpfen.
Eine besonders wichtige, weil weitreichende Änderung, dreht sich außerdem um das Thema Rechnungsstellung. So sieht das Wachstumschancengesetz die Einführung und Nutzung der E-Rechnung (elektronische Rechnung) vor sowie eine grundsätzliche Neudefinition. Eine E-Rechnung ist dabei nicht mehr einfach eine PDF-Datei oder per E-Mail verschickte Rechnung, sondern sie bildet den neuen Standard: Das Dokument muss in einem strukturierten elektronischen Format, wie zum Beispiel XRechnung oder ZUGFeRD, vorliegen. Das Format muss eine automatisierte elektronische Weiterverarbeitung ermöglichen, manuelle Eingriffe verhindern und den Vorgaben der europäischen Norm EN 16931 entsprechen. Weiterhin gilt, dass sich E-Rechnungen problemlos mit bestehenden ERP-Systemen verarbeiten lassen müssen. Hinzu kommt, dass PDF-Rechnungen jetzt nicht mehr als E-Rechnung zu sehen sind, sondern ganz regulär als „sonstige Rechnung“ allgemeine Gültigkeit besitzen. Durch die gesetzlichen Neuregelungen ist eine explizite Zustimmung zur E-Rechnung durch den Empfänger nicht mehr notwendig.
Die verpflichtende Nutzung der E-Rechnung zielt darauf ab, den Rechnungsprozess zu digitalisieren, administrative Kosten zu senken und die Fehleranfälligkeit zu reduzieren – ein Plus für die Effizienz Ihres Unternehmens. Gleichzeitig erfordert die Umstellung auf E-Rechnungen technische Anpassungen, insbesondere für kleinere Unternehmen. IT-Systeme müssen in der Lage sein, elektronische Rechnungen zu erstellen, zu empfangen, zu versenden und zu archivieren. Agenda unterstützt Sie mit Software, Service und Know-how dabei, diese Herausforderung zu meistern.
Die ursprüngliche Version des Wachstumschancengesetzes unterscheidet sich deutlich von der, die Bundestag und Bundesrat letztendlich verabschiedet haben. Einige der geplanten Maßnahmen wurden während des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen. Dies geschah insbesondere im Vermittlungsausschuss, um Kompromisse zu ermöglichen und das Gesetz konsensfähig zu machen. So sah das Gesetz eigentlich eine Investitionsprämie zur Förderung klimafreundlicher Investitionen sowie eine Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen vor. Auch eine ursprünglich angedachte Verbesserung des einkommensteuerrechtlichen Verlustrücktrags nach § 10d Einkommensteuergesetz (EStG) sowie des gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrags nach § 10a Gewerbesteuergesetz (GewStG) war Teil des originalen Gesetzentwurfs.
Eine ganze Reihe steuerlicher Vorteile schafften es ebenfalls nicht ins finale Gesetz. Dazu gehören Anhebungen der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG), der Pauschalen für Aufwendungen wie Verpflegungsmehraufwendungen sowie des Freibetrags für steuerfreie Zuwendungen bei Betriebsveranstaltungen. Außerdem entfallen: eine Erweiterung der Regelung für Sammelposten, eine verkürzte Abschreibungsdauer und eine Senkung des Umsatzsteuersatzes für landwirtschaftliche Betriebe von 9,0 Prozent auf 8,4 Prozent.